"Auf zum freien Blasen!" Der Mini Cooper S Works im Vergleich mit Alfa 147 GTA und Renault Clio V6.

Archiv Mini Cooper Cabrio
Testberichte

Auto Bild Nr. 47/2003


Sie sind hier: Archiv >> Mini Cooper Cabrio >> Testberichte >> Auto Bild Nr. 47/2003
Zum nächsten Artikel. auto motor und sport Nr. 11/2002

"Auf zum freien Blasen!" Der Mini Cooper S Works im Vergleich mit Alfa 147 GTA und Renault Clio V6.

S Works. Drei Antidepressiva auf vier Rädern gegen eine Novemberdepression.

Zusammenfassung von Michael Hönigmann eines Berichtes aus Auto Bild Nr. 47/2003

Die bayrischen Engländer nennen die höchste Tuningstufe ihrer rasenden Pausbacke "Mini Cooper S John Cooper Works".200-Kompressor-PS stark, in 7,1 Sekunden auf 100 — damit kann der Motor endlich so viel, wie das Fahrwerk schon immer drauf hatte.

Wie Bonds Einsatzwagen: Der Navi-Monitor ist allerdings Geschmackssache.
Wie Bonds Einsatzwagen: Der Navi-Monitor ist allerdings Geschmackssache.

Der geht wirklich wie ein Sportler! Erst die Vorderräder, die bei Nässe scharren, zeigen, dass selbst das Traktionswunder Mini an Grenzen stößt. Leider enttäuscht das Klangtheater drumherum — der Kleine beschleunigt mit stummer Beharrlichkeit, ohne das Bollern eines 1300er Cooper S von einst. So lebt der kleine Teilchenbeschleuniger weniger vom Motor als vom Mythos. Ein Mini mit 200 PS, davon haben Generationen gebückter Mini Fahrer geträumt — jetzt wird er wahr!

Der Works Auspuff bringt kaum mehr Leistung als der Serien S.
Der "Works"-Auspuff bringt kaum mehr Leistung als der Serien "S".

In der trendbewußten Mini-Gemeinde steht der Works an der Spitze der Modeskala. Zudem reicht die Preisliste verlockende Extras, um den Kleinen weiter aufzuhübschen. Die größte Verlockung im Mini besteht darin, ihn herauszuputzen. Man glaubt ein besserer Mensch zu sein, nur weil der Mini endlich bekommt, was er verdient. Verrückt? Vielleicht wirken aber nur die Mittel gegen Herbstdepression — in Überdosis.

Renault Clio Sport V6

Kantige Kotflügel: völlig out, aber hier goldrichtig.
Kantige Kotflügel: völlig out, aber hier goldrichtig.

Wenn man die Abdeckung des Mittelmotors im Clio V6 entfernt, klafft hinter den Sitzen ein großes Loch. Daraus tobt dann ungehemmt der Sechszylinder, wütet direkt hinter den Ohren und mit einer Höllenhitze. Nach fünf Kilometern wird die Glut unerträglich, bloß Fenster öffnen! Zufällig vorbeikommende Spaziergänger sehen also einen blauen Brüllofen mit einem Verrückten, der am Steuer lächelt.

Ist die Dämmmatte entfernt, toben 254 Pferde ungezügelt durch den Innenraum.
Ist die Dämmmatte entfernt, toben 254 Pferde ungezügelt durch den Innenraum.

Mit seinen kantig-breiten Kotflügeln wie von gestern steht er da und verleugnet keines seiner 254 PS. Der Renault ist schon beim Herumflanieren ein Klangabenteuer: Das Tickern der Einspritzventile, das tiefe Klong der Kupplung beim Einrücken, das Klacken im Schaltgestänge, das Sirren der Steuerkette, das kurze Verschlucken, wenn die Drosselklappe den Ansaugschlund aufsperrt. Wo die Italiener ihren Endrohren Opern-Arien beibringen, produziert der Renault einen technisch-kalten F1-Klang. Bei Regen fährt man allerdings am besten nur Halbgas, weil der kitzlige Mittelmotor (kein ESP!) das Heck schneller in Fahrtrichtung bugsiert, als ein Hirn "Alarm!" schreit. Es geht das Gerücht um, diese Tücke hätte schon die Hälfte aller gebauten Clio V6 hingerichtet.

Der V6 atmet durch Kiemen wie ein Jet.
Der V6 atmet durch Kiemen wie ein Jet.

Natürlich ist ein 39.900 Euro teurer Kleinwagen ein Spielzeug für wenige Verrückte, allerdings steckt im neuen Clio ein ernsterer Kern als in der ersten wackeligen Serie mit 226 PS. Es gibt mehr Leistung, ein besseres Handling und mit lackierten Dekorleisten drinnen zumindest einen zarten Versuch, den atemberaubenden Preis zu rechtfertigen.

Alfa Romeo 147 3.2 V6 GTA

Alfa-Konzentrat pur: Kompakt, schön, stark.
Alfa-Konzentrat pur: Kompakt, schön, stark.

Was dem Renault fehlt, bringt der 147 GTA im Überfluß mit: nutzbare Rücksitze, vernünftige Samstag-Einkaufstauglichkeit und dieses erobernde Etwas im Blech. Erfreulicherweise klingt der Alfa Motor noch besser, als er aussieht. Schon im Leerlauf verschickt der V6 ein tiefes Rumoren, fast im unhörbaren Bereich, wie Sizilien kurz vorm Vulkanausbruch, wenn der Ätna schon raucht. Es ist ein dunkler Bass, der verborgene biologische Instinkte weckt, indem er die Männer bestärkt und beeindruckt und die Frauen besänftigt wie zu Urzeiten nachts am Lagerfeuer.

Schaut her, Designer dieser Welt: So muss ein Motor aussehen. Und klingen.
Schaut her, Designer dieser Welt: So muss ein Motor aussehen. Und klingen.

Tatsächlich verlangt der Alfa einen sehr modernen Mann. Einen, der den Modetest besteht, wenn die eng stehenden Pedale fragen: "Trägst Du auch schöne Slipper statt dicker Boots?" Einen, der lässig überhören kann, dass selbst ein fabrikneuer Alfa hörbar ächzt. Und einen Mann, der im rechten Moment ökonomisches Denken beweist, weil das Teuerste am GTA nicht der Kaufpreis von 30.800 Euro ist, sondern der ewig lockende Kitzel im Gasfuß. Leichtfertige Naturen treiben den Benzindurst schnell über 20 Liter. Super.

So wirken die Mittel gegen den grauen Herbst

Leistungsdaten.
Leistungsdaten.

Fazit

Es gibt viele wirksame Mittelchen, um eine Novemberdepression zu bekämpfen: Urlaubskataloge. Ein Glas Rotwein. Häusliche Naturen stechen jetzt Tierfiguren aus Mürbteig. Vielleicht sollten Sie mal eine der herrlichen Antidpressiva auf vier Rädern probieren.

Antidepressiva auf vier Rädern.
Antidepressiva auf vier Rädern.

Seite drucken.  Seite drucken  Zum nächsten Artikel. auto motor und sport Nr. 11/2002