Mein bisheriges Autofahrerleben.

Archiv Volvo V70
Über den Testfahrer Stefan Engler


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Mein bisheriges Autofahrerleben.

Porträt Stefan Engler. Über den Testfahrer Stefan Engler

Lieber spät als nie

Bis Sommer 1994 konnte ich es mir mit 24 Jahren und als eingefleischter Radfahrer nicht vorstellen, jemals ein Auto zu lenken. Während eines Studienaufenthaltes in der nördlichsten Millionenstadt Europas hatte ich dann die verrückte Idee, die Fahrerlaubnis zu machen: Kann mich noch sehr gut an die Uferstraße in einem Wohngebiet Sankt Petersburgs erinnern, auf der mich der "Instruktor" im Januar 1995 einfach auf der Fahrerseite eines Lada 2103 plazierte und mir kurz und knapp Gas, Kupplung und Bremse erläuterte, zeigte, welcher Gang in welcher Stellung des Schalthebels eingelegt wird. Von Heizung, Licht, Lüftung uns so weiter war auch noch die Rede, aber dafür hatte ich wohl kein Ohr … Der Tag war regnerisch, und es war — bis auf den Tag der Fahrprüfung — der einzige Tag der ganzen Fahrschulzeit ohne Schnee und Glatteis. Das war nicht nur sprachlich eine echte Herausforderung!

Welches Fahrzeug ist noch billiger als ein Katalogfahrrad?

Nach der Rückkehr nach Deutschland zermartete sich ein armer Student den Kopf, auf welchem fahrbaren Untersatz er zukünftig Fußgänger und Fahrradfahrer erschrecken soll. Ein Freund ließ mich einmal Golf fahren. Mein Wohnheim-Raumteiler lehrte mich Trabi fahren. Eine gute Bekannte überließ mir das Lenkrad ihres hagebuttenroten Skoda 120L. Für mich Traditionalisten kamen nicht viele Typen infrage: Lada (den hatte ich schätzen gelernt!), Wartburg oder Trabant. Beim Lada schreckten mich die hohen Steuern, zum Wartburg hatte ich keine Beziehung, und der Trabi war sehr preiswert für 100 Märker zu haben. Wenn man den gegen einen Baum setzt, ist das wohl nicht so schlimm …

Mein erster war Baujahr 1983, 6 V (ja — "V" steht für "Volt"!), "gastritis"-braun. Gebraucht von einem Lehrerehepaar und in exzellentem Zustand. Er leistete über ein Jahr sehr treue Dienste, in Anbetracht der Tatsache, dass ich zuvor nicht mal wußte, wie man solch ein Gefährt bedient, gar nicht von Wartung und Reparatur zu reden, kann ich nur sagen: genügsamer Lastesel! Heimfahrten Zittau — Berlin im vierzehntägigen Rhythmus, davon jeweils 130 Autobahnkilometer mit Vollgas Bodenblech ohne Pannen. Ende 1996 durch Unachtsamkeit mit nicht viel mehr als Schrittgeschwindigkeit gegen einen Laternenmast gerollt, leider unglücklich getroffen und den Radkasten durch leichten Falz zur Totalschadensfalle gemacht. Von "nicht-so-schlimm" war nun nicht mehr die Rede, der Schrott-Fritze hat aber auch außer einer Träne und der entkernten Karosse auf vier alten Diagonalreifen nichts von mir gesehen. Das Metall der "Pappe" lagerte fein gestapelt in meiner Garage.

Ein anderer mußte her!

Limousine Baujahr 1964! Zum 1. März 1998 befand ein sturzbetrunkener Zeitgenosse, zur Feier des Tages bei roter Fußgängerampel auf die Fahrbahn springen zu müssen. Ich hatte die Wahl zwischen linkem Nebenmann, massivem Ampelpfahl oder BMW-Kofferraum. Dem Betrunkenen ist nix passiert, der BMW-Kofferraum wurde auf Haftpflichtkosten instand gesetzt und der geliebte Traber wanderte in den Schrott!

Seitensprung, zwangsweise verordnet

Dank ADAC drei Tage VW Polo fahren dürfen, anschließend Fiat Marea für eine gute Woche. Der Polo war für einen 1,84 m Menschen entschieden zu niedrig(!) und außerdem passten in den, im Gegensatz zu meinem Trabant, auch keine Regalstützen von 2,48 m Länge hinein. Den Marea fand ich vom Fahrwerk her wirklich gut (und in Dresden gibt es EINIGE Teststrecken) — aber meine Meinung hatte sich im Laufe der Jahre gründlich geändert: Trabant ist KULT! Versuchen wir’s mit einem neuen!

Der "P 601 de luxe" rollt heute noch. Ich fahre täglich damit insgesamt 50 km auf Arbeit, 35 davon Autobahn. Längere Strecken, zum Beispiel an den Bodensee, mit Bravour geritten. Insbesondere im Winter erntet man bei tiefen Temperaturen neidvolle Blicke auf dem Parkplatz, wenn das Aggregat zügig anspringt und man davonrollt. Mercedes-Fahrer! Schon mal Starthilfe von einem Trabant gebraucht? Die der Farbe "gletscherblau" proportionale Heizleistung nimmt man anschließend gern in Kauf.

Betrachtungen zur Deutschen Qualität

Seit Sommer 1998 fährt als Dritter im Familienfuhrpark (der "zweite" wurde übrigens oben erwähnter Skoda) ein Opel Astra 1.4 mit Erstzulassung 1993 mit. Die Liste der Reparaturen und Pannen übertrifft die aller drei Trabants, obwohl diesen Opel außer einer Einspritzanlage und einer Servolenkung keinerlei zusätzliche mechanische Raffinessen vom Trabant unterscheiden. Vorbesitzer: mein Schwesterherz, damals noch bei Opel tätig — das Fahrzeug konnte kaum besser betreut werden …

Bis auf zwei Ausnahmen hat er uns allerdings nie im Stich gelassen, wenn man von dem laufenden Ärger der morgendlichen Startschwierigkeiten im Winter absieht. Und ich ziehe den Hut vor der Ingenieursleistung, die Blechschicht so exakt zu berechnen, dass die sechsjährige Durchrostungsgarantiezeit genau um ein halbes Jahr überschritten war, als die ersten Pickel unter’m Lack zum Vorschein kamen. Nach 13 Jahren und bei 235.000 km macht er inzwischen jeder Silbermannorgel Konkurrenz. Kurz vor Weihnachten bescherte uns der Zylinderkopf den kapitalsten Schaden im Leben dieses Kfz — haben ihn gegen einen gebrauchten ersetzt und werden demnächst auf ein nagelneues Fahrzeug umsteigen (Der Lada von meiner Anmeldung 1988 beim IFA-Vertrieb dürfte dieses Jahr zuteilungsreif sein).

Wir überbrückt man die Zeit bis zum H-Kennzeichnen?

Da es aus Zeitmangel und wegen der zunehmenden rechnergesteuerten Maschinerie kaum noch möglich ist, Reparaturen an modernen Fahrzeugen selbst vorzunehmen, verlassen wir uns darauf, dass die Qualität nicht wie beim "Astra" in den Sternen steht, sondern sich der Charakter eher an dem Begriff "Trabant" — treuer Begleiter — orientiert! Als Fahr-Schraub-Kult-Objekte bleiben der Trabi und die hagebuttenrote Heckschleuder aber in unserer Kraftwagenhalle. Ab und zu werden beide nach dem Neuwagenkauf noch auf dem Firmenparkplatz abgestellt werden, schon um des Beweises willen, dass man auch ohne Klimaanlage, Fensterheber, Radio, Servolenkung, ABS, ESP, Tempomat und Luftsäcke (Nennung mit abnehmender Wichtigkeit) gut Auto fahren kann. Und, dass Vertriebsingenieure für Hochspannungsanlagen nicht nur wissen, dass Strom klein, schwarz und häßlich machen kann, sondern auch beim Schrauben nach "fest" "ab" kommt!

Porträt Stefan Engler.
Testfahrer Stefan Engler.

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