Warum überhaupt? Welches? Warum überhaupt?
Vor dem "Welches" stand bei uns zunächst das "Warum überhaupt". Schließlich sind wir seit zehn Jahren im Großen und Ganzen störungsfrei unterwegs. Von mechanisch kaputtem Diesel-KAT, dem mittlerweile fünften defekten hinteren Radlager, diversen undichten Trommelbremszylindern, regelmäßig verstellten Spuren (mit Folgen für den Reifenverschleiß) und ähnlichen kleinen (und meist unnötigen) Zwischenfällen abgesehen, hat unser Passat Variant Baujahr 1991 nach 210.000 km noch keine der sonst üblichen bösen Reparaturen wie Wasserpumpe oder ähnliches erdulden müssen und spult seine Kilometer ab, ohne übermäßig viel Kraftstoff (Jahresschnitt 6,6l Diesel) oder gar Öl zu verbrauchen (Ölwechsel reicht alle 15.000 km). Aber jeder erneute Sommer ohne Klimaanlage ist für uns schwer erträglich, jeder überstandene Herbst/Winter ohne ABS und jede umschiffte Gefahrensituation ohne (airbaglosen) Crash ein Glücksfall. Trotzdem haben wir uns — man weiß ja nie — schon seit Monaten regelmäßig nach einem Ersatz umgesehen, diesmal sollte es aber schon ein (Mini-)Van werden statt Kombi — und natürlich höchstens ein Jahreswagen, so teuer wie die leider sind. Nicht selten fehlte die Möglichkeit, neben uns 2+2 noch zwei Erwachsene mitzunehmen. Zudem sollte das Auto ähnlich komfortabel für vier Erwachsene im 1,85-m-Format sein. Die meiste Zeit aber benutze ich das Fahrzeug alleine, und zwar im Berliner Stadtverkehr.
Welches?
Renault Espace?
"Voll das Schiff" — immer wieder gerne dringesessen und bewundert. Und trotz vieler netter Details nie irgendwie wirklich überzeugend — der Bauch wollte nicht recht mit. Warnungen von Freunden: "anfällig, teuer im Unterhalt" kamen hinzu.
VW Sharan und kompatible?
Auch ein Van fast im Busformat, aber dafür doch erstaunlich wenig Platz und Raumgefühl. Das Einsteigen in die hintere Reihe empfinde ich als Zumutung. Großes Plus: die variable Bestuhlung, Stau- und Fächerangebot, Umbaumöglichkeiten, Sitzgefühl … Auch hier wollte der Bauch nicht mit. Für die Größe zu teuer und eigentlich auch zu groß …
Ford Windstar?
Ich musste mir schon mehrfach die Augen reiben, als ich eine Tageszulassung (3/4 Jahr zuvor, kaum km) bei Ford entdeckte: nur 24 KiloEuro sollte das Teil kosten. Probesitzen und Bestaunen war wie das Eintauchen in eine andere Welt: Sitzkomfort, überall witzige Details vom Münzspender bis zum Fach für den Garagenöffner, und — ach — eine 3-Liter-Maschine, Automatik, Leder, Reisen pur. Der Bauch sagte jajajajaja. Aber Stadtverkehr? Einparken in Berlin-Mitte mit 4,90 m? Leise Zweifel tauchten bei den Versicherungstarifen auf, endgültig vom Tisch waren die Überlegungen bei der Wirtschaftlichkeit und dem Werkstattangebot.
Kia Carnival?
Die 2,9-Liter-Dieselmaschine mit Automatik habe ich dann doch mal probegefahren, stellvertretend für die Klasse Voyager, Windstar und Co. "Heute ein König". Handling und Motorengeräusch haben mich, wenn auch nur leicht, an meine Umzüge mit dem 7-Tonner erinnert, Spritzigkeit wollte nicht recht aufkommen bei dem Lebendgewicht, aber es war erlebenswert, wie sich so ein Schrank bei 150 anfühlt — nämlich verdammt gut. Die Familie war geteilt enthusiastisch — die Kinder begeisterten sich an Platzangebot und Schiebetüren, die mit fahrende Ehefrau (man beachte das Leerzeichen!) drohte mit Scheidung. Wirtschaftlichkeit: frisst einem die Haare vom Kopf. War nett gewesen, aber doch deutlich eine Nummer zu groß für uns.
Opel Zafira?
Natürlich. Nächtelang habe ich den "Langzeittest" durchforstet, Prospekte durchstudiert, dem freundlichen Opel-Händler Löcher in den Bauch gefragt und schließlich mussten wir uns fragen: wieso sind wir nicht eher darauf gekommen? Eigentlich hat der Wagen alles, was wir uns wünschen: kompakt für den Stadtverkehr, Gepäckraum ohne Ende, Platz für vier ausgewachsene Leute, Simsalabim passen 7 hinein, wenn auch das Einsteigen in die dritte Reihe für die Kinder ohne fremde Hilfe nicht ganz leicht ist, von Erwachsenen zu schweigen. Das Sitzkonzept ist trotzdem genial. Klar — in Sachen "Arbeitsplatz vorn links" kann der Wagen nicht mit Espace oder Sharan mithalten, alles ein bisschen beengter, wenig Platz in Staufächern, kaum Platz für Einbaumöglichkeiten. Frau rechts neben mir maulte über wenig Beinfreiheit. Wir haben ihn (den 1,8l-125 PS mit Automatik) dann mal für ein ganzes Wochenende gemietet, mit Stadtverkehr, schneller Autobahn, und einem Familienausflug mit Oma und Opa. Die Testerriege war sich einig: schönes, praktisches, solides, preiswertes Auto mit vertretbaren Einschränkungen. Der Bauch grummelte ein leises OK. Schade, dass es keine Klimatronic gibt. Als dann auch noch ein "Edition 2000" mit der 2,2-l-Maschine preisgünstig auf dem Hof stand, wurde ich doch fast schwach. Zurückgepfiffen haben mich auch hier wieder die Wirtschaftlichkeitsüberwägungen, und außerdem: alle 580 km an die Box, wo ich 1.000 km gewohnt bin? 700 wären ja akzeptabel … Leistungsmäßig tut es ja der 125-PS-Diesel auch, und dessen Werte (die Drehmomentenkurve, hach!) ließen mich dann doch wieder Richtig Diesel tendieren, obwohl er sich bei geschätzten 15.000 km im Jahr nicht wirklich rechnet — Egal, ein Wunschauto haben wir uns als Re-Import schon zusammengeklickt. Gefahren bin ich ihn dann doch nicht mehr.
Renault Megane Scenic?
Was für ein Abstieg im Vergleich zum Espace. Trotzdem: Sitzhöhe und -gefühl begeistern anfangs, später nicht mehr so. Das Gekrabbel in die zweite Reihe gefällt auch nicht. Außerdem wollten wir ja einen >5-Sitzer …
Peugeot 307 SW?
Nach einigen Wochen trieb mich ein Tipp aus der Familie zum Peugeot-Händler um die Ecke. Ehrlich überrascht, nahm ich das Auto unter der sachkundigen Hilfe und Aufsicht des Personals auseinander. Sitze umbauen — ach, so einfach kann das sein? Platzangebot, Bedienelemente für den Fahrer, Instrumente, Design — so schön kann das in der Klasse sein? Die Analog-Instrumente haben sich ein Extralob verdient. — Beinplatz für den Beifahrer auf dem höhenverstellbaren Sitz (Serie) — ah! Die zusätzliche 12-V-Steckdose ist auch bei vollem Gepäckraum von der zweiten Reihe im Sitzen zu erreichen, die Gepäckraumabdeckung braucht einfach bloß hinter die dritte Reihe gelegt zu werden (hallo Zafira!). Das Sitzen in der zweiten Reihe macht mit Normalbestuhlung sogar in der Mitte Spaß. Sehr schön: Die Sitze sind einzeln längsverschiebbar, die Lehnen lassen sich weiter nach hinten klappen als gewöhnlich — das dürfte ein angenehmeres Schlummern für den Nachwuchs bedeuten. Nach dem Platznehmen in der dritten Reihe entsteht bei mir langbeinigem 1,84er leichte Klaustrophobie — zum Badenfahren mag es ja zur Not gehen, für die Kinder (10 und 7) ist es sicher noch länger ausreichend.
Klasse: in Verbindung mit einem Zusatzsitz mutiert der 307 SW zu einem komfortablen 4+2-Sitzer, wenn man den Mittelsitz aus der zweiten Reihe mit in die dritte Reihe packt und die äußeren Sitze ein Stück in die Mitte rückt. Schade: der verbleibende Kofferraum reicht eben so für den Picknick-Korb. Aber durch die verbleibende Lücke zwischen den Sitzen kommen die Kids (wie beim Sharan) bequem und ohne Klapporgien (hallo Zafira!) in die dritte Reihe.
Die verschwindet zwar nicht im Kofferraumboden, aber zusammengeklappt macht sie sich hübsch klein, und ausgebaut bekommt man die Sitze einhändig getragen (etwa 15 kg) und aufrecht im Wohnungsflur untergestellt.
Glanzpunkt des Fahrzeugs ist natürlich das feste Glasdach, das von der Windschutzscheibe bis fast über die zweite Sitzreihe geht, in voller Breite zwischen der Dachreling. Wirklich neue Aussichten für die zweite Reihe. Keine Verrenkung mehr vor der roten Linksabbiegeampel. Eine elektrische Jalousie verdeckt das Ganze bei Bedarf, dann sieht der Himmel aus wie beim normalen Kombi. Weitere Glanzpunkte: Serienmäßiges ESP mit ABS und ASR, sechs Airbags (Vorhang-Airbag links und rechts), und verstellbare Kopfstützen und Dreipunktgurte auf allen Sitzen, jawohl, auch in der Mitte! Das alles bei Außenmaßen, die mit 4,42 m Länge zwischen unserem Passat (4,56) und dem Zafira (4,32) liegen. Stehender Beifall, der Bauch hüpfte vor Freude. Über alle Einzelheiten und deren praktische Bewertung berichte ich, wenn ich das das Fahrzeug dann habe …
Am zweiten Tag war Probefahrt angesagt. Wir haben den Sauber-Diesel mit Rußpartikelfilter (107 PS) für eineinhalb Stunden im Vollprogramm getestet: durch die Stadt mit Buckelpisten, über Land und auf der Autobahn bis Tempo 180 (gemessen mit GPS). Oma und Opa belegten wie beim Zafira die zweite Reihe. Übereinstimmendes Lob war von dort über die Sitzqualität zu hören, deutlich besser als beim Zafira, hieß es. Mit vier Personen beladen agiert der Diesel solide und mit einem angenehm unaufdringlichen Geräusch, zieht fast ab 1.100 Touren weg bis zum Abregeln, dröhnt nirgends und vibriert auch im Stand nicht, Beifall! Bei Tempo 150 beginnen Wind-Rumpelgeräusche an der vorderen Dachkante; das Rollgeräusch könnte etwas leiser sein (aber OK, es war eine Betonpiste), teilweise überdeckte es sogar den Motor, der immer noch unaufdringlich werkelte und erst ab 170 langsam an seine Leistungsgrenze kommt, dabei blieb der Wagen erfreulich griffig, auch angenehmer als beim Zafira. Aus Tempo 130 eine Vollbremsung auf der Parkplatzeinfahrt — der Bremsassistent packte beherzt zu bis das ABS kam, gleichzeitig ging automatisch der Warnblinker an. Lenkung und Handling begeisterten immer mehr, Einparken mit dem kleinen Finger kein Problem.
Im Autohaus angekommen, war der Test noch nicht zu Ende. Wir stiegen — auf Empfehlung des Autohauses — um auf den gleichstarken Benziner und erlebten eine weitere Überraschung: Zwar braucht der Motor mehr Drehzahl zur Kraftentfaltung, aber er zieht für einen Benziner erstaunlich willig auch im mittleren Drehbereich. Über das Motorengeräusch gab es nur anerkennend-neidische Bemerkungen von den Renault-Laguna-Besitzern aus der zweiten Reihe. Auch hier ein kurzer Autobahntest bis 170, wieder kein Dröhnen oder Röhren, immer noch nur unaufdringliches Singen aus dem Motorraum. Erstaunliches Fazit: schöner Motor, reicht auch!
Der dritte Tag verging über neuerlichen Wirtschaftlichkeitsüberlegungen, aber diesmal fielen sie äußerst zufriedenstellend aus. Unter Berücksichtigung der Versicherungskosten, Steuer, Wartungsintervalle und -kosten, und — last but not least — des deutlich höheren Anschaffungspreises fällt bei der angenommenen Jahresfahrleistung von 15.000 km der Diesel dann leider aus dem Rahmen, obgleich er für Vielfahrer uneingeschränkt zu empfehlen ist.
"Alea iacta est" — Der Würfel ist gefallen.
Kein Halten mehr, trotz Neuwagen. Am vierten Tag saßen wir dann zum Verkaufsgespräch. Der Verkäufer blieb bei seinem Angebot über summa etwa 7,6% Rabatt und ließ sich auf keine Weise zu weiteren Zugeständnissen überreden — auch Beigaben bis auf die üblichen Fußmatten, Warndreieck und Verbandskasten waren nicht zu erhandeln. Peugeot steht da in einer glücklichen Lage: der Wagen ist neu, hat schon jetzt Lieferzeiten von 6 bis 7 Wochen, und er geht wohl weg wie warme Semmeln. Eine Chance zur Verkürzung des Lieferzeitraums bestand nur darin, einen Wagen aus dem Vorlauf des Händlers zu nehmen, aber nachdem sich dort nur höchst seltsame Konstellationen gefunden haben, gingen wir auf Risiko und bestellten in Wunschfarbe (Idaho grün metallic) und -ausstattung (grüner Velours, mit grüner Farbapplikation im Armaturenbrett und den Türen, wie im Prospekt).
Obwohl man mit dem "Prémium" zwar 300 Euro gegenüber der Einzel-Bestellung spart: an Alu-Felgen hing mein Herz noch nie, der Standard-Latsch (195/65 R15) genügt bei meiner Fahrweise völlig, also nahmen wir das Grundmodell und orderten dazu:
- elektrische Fensterheber hinten (nie mehr Scheiben kontrollieren nach Familienausflug!),
- automatisch geregelte Klimaanlage (also das muss schon sein),
- CD-Radio mit Lenkrad-Bedienung (etwas zähneknirschend, weil ich eigentlich mal auf ein Wechslergerät mit MP3-Fähigkeit aufrüsten wollte),
- ein Zusatz-Sitz für die dritte Reihe.
Das Verkaufsgespräch war zwar ob des (missglückten) Rabatthandels zäh, aber ruhig, sachlich, informativ, ungestört, und der Verkäufer hat bis nach dem letzten Händedruck erfolgreich unterdrückt, dass er schon längst auf Kohlen saß und nach Hause wollte. Alles in allem viel Grund zur Zufriedenheit, nachdem sich auch in den Vortagen anwesende Reparatur-Kunden auf meine Befragung hin als mit dem gebotenen Service glücklich geäußert hatten.
So haben wir uns unter Ersparnis einiger Zeit und Mühe für den lokalen Händler um die Ecke entschieden und wollen nun — reichlich vorgewarnt: welches Auto im "Langzeittest" kam pünktlich? — sehen, was man von den Lieferfrist-Beruhigungen erwarten darf, ob man sich wohlwollend unserer Zugeständnisse und des Kaufes "nicht irgendwo" auch noch nach einem Jahr erinnern wird — aber darüber gilt es später zu berichten. Jetzt bleibt nur noch das Bangen: kommt der Wagen noch rechtzeitig vor dem Urlaub?
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